Zusammenfassung
Einleitung Diese prospektive Studie berichtet über die Auswirkungen psychologischer Faktoren bei Patientinnen mit primärer Mammakarzinomerkrankung, die sich einer neoadjuvanten Chemotherapie unterzogen haben. Die spezielle Situation dieser Frauen ist nicht nur gekennzeichnet durch den Schock der Krebsdiagnose, sondern auch durch die Tatsache, dass der bösartige Tumor nicht sofort, sondern erst nach Abschluss der Chemotherapie entfernt wird. Eine solche Situation belastet und benötigt persönliche Stärken, über die nicht jede Frau verfügt.
Methoden In einer prospektiven Studie wurden 53 Patientinnen vor dem Staging und der systemischen Therapie mithilfe verschiedener psychologischer und psychoonkologischer Fragebögen und Interviews auf ihre psychische Belastung und ihre Bewältigungsressourcen hin untersucht (t 1). Unmittelbar nach Abschluss der Chemotherapie und noch vor dem operativen Eingriff erfolgte eine weitere Testung mit denselben Messinstrumenten (t 2). Zusätzlich wurden die Patientinnen zu t 1 und t 2 bezüglich ihrer Bewältigungsstrategien interviewt. Die Interviews wurden mit dem Ulmer Coping-Manual (UCM) von bezüglich der medizinischen Informationen blinden Ratern objektiv geratet.
Ergebnisse Patientinnen mit einer schlechten psychosozialen Anpassung an die Situation konnten zum Zeitpunkt t 1 identifiziert werden. Sie wiesen Defizite im sozialen Bewältigungsverhalten auf. Weiterhin wiesen sie höhere Werte in resignativem Bewältigungsverhalten und niedrigere Werte in der Suche nach sozialer Unterstützung auf, was insgesamt das Risiko für das Auftreten eines Rezidivs bzw. einer anderen Krebserkrankung im Betrachtungszeitraum von 3,7 bis 5,5 Jahren nach der chemotherapeutischen Behandlung erhöhte. Im Gegensatz dazu konnten wir über unsere Studie Patientinnen identifizieren, die über eine Stärkung ihrer Copingfaktoren die primär systemische Therapie signifikant besser bewältigten.
Schlussfolgerung Ein sorgfältiges psychologisches Screening unmittelbar nach der Diagnose und noch vor der onkologischen Behandlung ist dringend empfohlen. Über diese Maßnahmen könnten jene Patientinnen identifiziert werden, die aufgrund ihrer psychisch hohen Vulnerabilität eine zusätzliche psychoonkologische Unterstützung erhalten sollten.