ZusammenfassungIn den letzten Jahren hat das sagittale Profil der Wirbelsäule zunehmend Beachtung gefunden und es konnten je nach Beckenkonfiguration unterschiedliche Wirbelsäulentypen identifiziert werden. Kommt es durch die fortschreitende Bandscheibendegeneration zu einer Entlordosierung der Lendenwirbelsäule, resultiert eine sagittale Dysbalance, oft im Sinne einer degenerativen Lumbalskoliose. Nicht selten forcieren Versteifungsoperationen diese Entwicklung iatrogen durch Fixierungen in entlordosierter Position. Fällt das C7-Lot vor die Hüftköpfe, spricht man von dekompensierter sagittaler Dysbalance, die von vielen Wirbelsäulenchirurgen als entscheidend für die Patientendisabilität angesehen wird und aufwändige Korrekturoperationen indiziert werden. Derartige Eingriffe, die häufig Osteotomien erfordern, gehen jedoch mit einem 50 %igen perioperativen Komplikationsrisiko und mit einer Versagens- bzw. Reoperationsrate von ebenfalls 50 % einher, so dass dieser Hype zunehmend kritisch gesehen wird, zumal beispielsweise in Fällen von lumbalen Spinalstenosen ungeachtet des sagittalen Profils reine Dekompressionsoperationen gute Ergebnisse erzielen. Bei insgesamt spärlicher Evidenzlage können daher aktuell umfangreiche Deformitätenkorrekturen nur bei ausgeprägter sagittaler Dysbalance und stärksten, therapierefraktären Beschwerden empfohlen werden. Eine detaillierte präoperative Evaluation und Risikoabschätzung ist in diesem Zusammenhang ebenso unerlässlich wie die Versorgung an spezialisierten Zentren. In diesem selektionierten Patientengut sind Outcome und Patientenzufriedenheit allerdings erstaunlich gut. Es ist davon auszugehen, dass sich die Datenlage in den nächsten Jahren verdichtet und auch altersspezifische Empfehlungen möglich sind. Auch wenn aktuell die routinemäßige Korrektur des sagittalen Profils bei allen Patienten nicht empfohlen werden kann, so macht das Konzept der sagittalen Balance grundsätzlich Sinn. Dementsprechend sollte bei Instrumentationen vor allem der unteren Lendenwirbelsäule eine Wiederherstellung der physiologischen lumbalen Lordose angestrebt werden.