Empathische Transzendenz – transzendente Empathie
Abstract Einfühlung wird ideengeschichtlich an das Konzept der Selbstperfektionierung geknüpft und insofern im Modus der Defizienz verhandelt. Dabei fungieren antike und mittelalterliche Diskurse um Gotteserkenntnis als historisch-konzeptionelle Vorläufer neuzeitlichmoderner Erklärungsfolien zwischenmenschlicher Alterität, mithin als semantische Vorform der zeitgenössischen Einfühlungs-Idee. In diesem Kontext ist eine ethisch-epistemologische Asymmetrie zu konstatieren, die Gott einerseits als den All-Empathischen beschreibt und zugleich die Erkenntnisbemühungen des Menschen als unabgeschlossen und prozessual vorstellt. Einfühlung produziert sich als regulative Idee im doppelten Sinne: Während Gott als empathische Transzendenz erscheint, bedarf es unendlicher Annäherungsbewegungen, damit der Mensch sich in einem Akt transzendenter Empathie in Gott einfühlen kann. Durch die Etablierung dieser Vorstellungsverbindung hat das Innenleben des Anderen eine transzendente Aufladung erfahren. Das Fremdpsychische wurde zum modernen Mysterium.