Editorial
Die nachgelassene Prosa und Kleinen Schriften2 Georg Heyms blieben in der Forschung bislang unbeachtet als eigenständiger Werkteil, zurückgesetzt noch durch die selbst kaum besprochene publizierte Prosa. Grund dafür sein dürfte indirekt die fehlende Historisch-Kritische Ausgabe und ein gewisser Überblendungseffekt der prominenten Lyrik, v.a. aber die Charakteristik der Texte selbst: Alles das, was Heyms Lyrik zur ,Reinform‘ frühexpressionistischer Typik macht, eignet auch dem nicht-lyrischen Werk, ohne dass es diesem eine ähnliche rezeptive Wertschätzung eingetragen hätte. Der Lektüre haftet hier vielmehr der Beigeschmack eines Zuviel-des-Guten an, dessen, dass dort alles zu sehr sich in Typik suhlt, mit ihr sich schlecht bequemt. Der dadurch entstehende Eindruck des Dilettantischen bzw. Unreifen provoziert die Verbuchung der Prosa unterm literarisch Banalen. Reduktion auf Typisches aber nimmt den Text noch nicht für sich selbst bzw. unterschlägt seine Eigentlichkeit zugunsten von Ähnlichkeit. Versäumt wurde so die Einsicht, dass das ,extra‘ Typische in Heyms nicht-lyrischem Werk ein Phänomen lyrischer Art ist, das sich absetzen ließe vom banal Typischen vermöge der spezifischen Souveränität, der es nirgendwo entbehrt. Ingrid Heep stellt mit ihren frühen Formanalysen zur publizierten Prosa indirekt bereits den Beleg dafür, dass nach Abzug des Lyrischen vom Prosaischen eigentlich gar nichts übrigbleibt.3 Die Heymsche Form kommt nicht in den Inhalten an, geht nicht auf in deren sachlichem Sinn, sondern konterkariert ihn auf eine lyrisch-sinnliche Weise, die den Zugriff eigentümlich stört und gerade dadurch das Urteil der Inferiorität zu legitimieren scheint. Um das nicht-lyrische Werk Heyms adäquat analysieren zu können, muss es gedacht werden als ,gescheitert‘, das ,Scheitern‘ aber als ein poetisches, insofern es ein willig in Kauf genommenes ist. Das sei im Folgenden kurz skizziert.